ANLEITUNG  ZUM  GESPANNFAHREN
Benno von Achenbach       (Auszug „ACHENBACH" Ausgabe 1 / 83  Jürg Wille)     

In der Zeit zwischen dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 und dem deutsch-französischen Krieg 1870-71 stand neben anderen Truppen das preußische Husarenregiment 15 in Düsseldorf.  Ihm gehörten neben zahlreichen Adligen auch manche Düsseldorfer Bürgersöhne an und so finden wir neben dem Namen Bismarck, Fürstenberg und anderen mehr auch den Namen Achenbach.

Dieser letztgenannte junge Husarenoffizier in grüner Uniform mit Silberschnüren und rotem Passepoil war ein Neffe der Brüder Andreas und Oswald Achenbach, deren Ruhm als romantische Landschaftsmaler im In- und Ausland auf seinem Höhepunkt war.
Seidengroßhandel und in ihres Vaters Generation eine wichtige in Russland basierte Tabakfabrikation hatten die ganze Familie Achenbach zu großem Wohlstand und Ansehen in der aufblühenden niederrheinischen Handelsstadt gebracht. Die Brüder Andreas und Oswald bewohnten mit Ihren Familien elegante große Häuser in der Nähe der Kunstakademie und ihre schönen Töchter waren Anziehungspunkt für die eleganten Husarenoffiziere.

Benno Achenbach, Maler Oswalds jüngster und einziger Sohn nach vier Töchtern, war in jenen Jahren ein kleiner Volksschüler, aber wie sein Vater, Onkel und Großvater mit Stift und Pinsel früh begabt. Oft vom Vater mitgenommen auf dessen Reisen nach der
Schweiz und nach Italien übte er sich unter dessen Anleitung und brachte es schon bald zu erstaunlichem Können im Skizzieren und Karikieren von Menschen, Pferden und Gespannen, mit denen er durch die grünen Husaren in ständigen Kontakt gekommen war.

Als er, 10-jährig, einmal in Italien südländischer Grausamkeit mit Pferden, besonders im Anspannen und Fahren begegnete, war sein Ziel erkannt: Kutscher wollte er werden Kutsch-Fahrer im edelsten Sinne, Kämpfe mit der Devise „den Pferden vorm Wagen die Arbeit so leicht wie möglich zu machen".

Nach dem 70er Kriege hatten zwei seiner Cousinen, zwei seiner Schwestern und auch eine russische Achenbach-Cousine zweiten Grades grüne Husaren geheiratet.
Die Letztere, Clara, 10 Jahre älter als der Jüngling Benno, hatte den elegantesten aus der Reihe geheiratet: den jungen Grafen August Bismarck, einen süddeutschen Vetter des "eisernen Kanzlers" und durch dessen Ruhm Träger des berühmtesten und geachtetsten Namens des damaligen deutschen Reiches.

Benno wurde nun schon als Gymnasiast ständiger Gast im Haus Bismarck in Düsseldorf und eine Gruppe von etwa 30 Skizzen aus den 70er Jahren zeigt, wie sehr er durch den angeheirateten älteren Husaren-Vetter in seiner Pferdepassion gefördert wurde. Schon
1873 fuhr Achenbach das Bismarck'sche Tandem, auch das des Baron Eppinghofen: aus dem bürgerlichen Kaufmannsspross und Künstlersohn wurde der Gentlemanfahrer edler Gespanne.

Noch während der Schulzeit verschaffte sich der junge Achenbach jede einschlägige Fachliteratur und verbrachte alle Freizeit im Studium und auf dem Bock.

Als die Schulzeit zu Ende war, ließ er sich In Düsseldorf nicht mehr halten, sein Weg ging von Fahrstall zu Fahrstall, war doch im Glanz der „Gründerjahre" im Deutschland der 70er und 80er Jahre das bis dahin wenig bekannte englische Sportfahren erfolgreich neben das bisherige Zweckfahren getreten. So fuhr Achenbach die erste deutsche Coach für den Grafen Waldeck, der bald die Friedländer'sche, die Bismarck'sche und die Schwabach'sche folgten. Anregung und Ausbildung suchte Achenbach dreimal beim englischen Fahrlehrer Howlett in Paris, studierte anschließend in England selbst Fahren und Anspannen in traditionellem Stil.

August Bismarck, in den 80er Jahren beim 1. Garde Dragoner Regiment in Berlin Dienst leistend, brachte dem jüngeren, nun schon sehr bekannten Fahrer-Vetter aus dem Rheinland neue Verbindungen und schuf auch die erste Verbindung zwischen seinem, eigenen Jugendfreund, Baron Reischach, (wie Bismarck aus dem alemannischen Hegau nach Norden verschlagen) und dem talentierten jungen Fahrer Achenbach. Während Bismarck mit der Entlassung des "eisernen Kanzlers" auch seinen Abschied nahm und sich am Kaiserstuhl der Traberzucht verschrieb, übernahm Reischach zu Anfang dieses Jahrhunderts den Königlichen Marstall in Berlin und schlug dem Kaiser vor,  Achenbach mit der Reorganisation des Fahrunterrichts zu beauftragen, ihm den gesamten fachlichen und künstlerischen Stil an Wagen, Geschirren und Livreen anheim zu geben.

Das Distanzfahren, das Geländefahren, die alljährlichen Korso mit blumengeschmückten Wagen der glücklichen Jahre vor dem ersten Krieg gehen alle auf Achenbachs Anregung, Anleitung und unermüdlichen Einsatz zurück. Achenbach hat dabei in ständigem Austausch mit der englischen Fahrtradition gestanden und so ist es nicht von ungefähr, dass der Herzog von Edinburgh 1981 in Zug die Schule Achenbach als stark von der englischen Schule beeinflusst bezeichnete.
Für seine Verdienste um das deutsche Fahren wurde Benno Achenbach von Wilhelm II. in den erblichen Adelstand erhoben. Im ersten Weltkrieg der Heeresgruppe Eichhorn zugeteilt, bemühte sich Achenbach um eine felddienstgerechte Truppen-Fahrvorschrift und gab nach dem Krieg an der Kavallerie-Schule Hannover mit Rittmeister Pape die Grundlagen für den turniergerechten Fahrunterricht.

Über August Bismarcks Schwager, General Ulrich Wille und dessen Tochter, die bekannte Turnierreiterin Renée Schwarzenbach, Bokken - in ihrer Jugend selber durch Achenbachs Fahrschule gegangen - wurde der Kontakt zu Oberst Ziegler, dem damaligen Kommandanten der schweizerischen Pferde-Regie-Anstalt Thun geschaffen. So beeinflusste Achenbach in den 20er Jahren als Leiter der alljährlichen Fahrkurse in Thun maßgebend den schweizerischen Fahrstil. Aus seiner Schule gingen die Altmeister Bieri, Neukomm, Rothacher (Vater), Schwab und von ihnen nachgezogen Christinat, Houriet, Dubey und Rothacher (Sohn) hervor und schufen somit auch in der Schweiz aus erster Hand echte Achenbach-Tradition.

Der Meisterfahrer und auch hervorragende Reiter Benno von Achenbach, von stattlich großer, imponierender Statur - seit 1906 mit Martha Marcus, auch sie eine begabte Tandemfahrerin, verheiratet - hat dann bis 1935 noch als Richter an Turnieren gewirkt, unter anderem zweimal auf dem Kasernenhof in Zürich.

Dem Schönen und Edlen, dem Stilvollen wie auch dem Praktischen ein Leben lang verbunden, ist der Pionier heutigen kontinentalen Fahrens am 15. Oktober 1936 nach kurzer Krankheit in Berlin ohne Nachkommen gestorben. Martha v. Achenbach hat ihren Mann um Jahre überlebt und ist, vom zerbombten Berlin geflohen, 1947 in Süddeutschland gestorben.

Die einst von Achenbach gefahrenen ßismarck'schen und später Bockener Wagen stehen heute als Leihgaben im Wagenmuseum in Amriswil / Schweiz, des Meisters Name aber lebt fort in seinen Nachfolgern und besonders in diesem, seinem Namen gewidmeten Magazin edler Fahrkunst.


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